In Bewegung bleiben: Wie sich Durchblutungsstörungen und ihre Folgen vermeiden lassen, auch wenn es klimatisch heiß hergeht

Die Klimakrise führt nachweislich zu vermehrten Hitzeperioden, die in vielen Ländern auf eine zunehmend alternde Bevölkerung treffen. Mit höherem Alter wird es für den Körper schwieriger, sich an Hitze anzupassen und auch die Wahrscheinlichkeit für Grunderkrankungen wie die chronisch-venöse Insuffizienz oder die periphere arterielle Verschlusskrankheit steigt. Damit geht wiederum ein höheres Risiko einher, dass sich chronische Wunden entwickeln. Diese Situation ist herausfordernd, weil sehr vielschichtig. Sie erfordert aber vor allem eines – aktiv zu werden, im doppelten Sinn: Denn regelmäßige körperliche Bewegung trägt entscheidend dazu bei, Gefäßerkrankungen, Übergewicht oder auch Diabetes mellitus vorzubeugen. Das erleichtert es nicht nur, auf Hitzestress reagieren zu können, sondern reduziert zugleich die Wahrscheinlichkeit für chronische Wunden.

Dieser Blogartikel ist der zweite Teil unserer Reihe zu den Auswirkungen der Klimakrise auf das Krankheitsbild der chronischen Wunden. In diesem Text richten wir den Fokus auf Durchblutungsstörungen und ihre Konsequenzen für Haut und Gewebe, im Zusammenhang mit einem höheren Lebensalter und einer verstärkten Hitzebelastung. Parallel dazu thematisieren wir Ansätze, die dabei helfen können, Gefäßerkrankungen zu vermeiden bzw. deren Symptome zu mildern.

Vorweg: Das Gefäßsystem als Dreh- und Angelpunkt

Über das Blut, das durch die Gefäße zirkuliert, werden die Organe mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgt sowie Stoffwechselprodukte und Kohlendioxid abtransportiert. Es erfüllt damit wesentliche Aufgaben im menschlichen Körper und trägt darüber hinaus dazu bei, die Körperkerntemperatur konstant zu halten. Steigt die Temperatur in der Umgebung an, erweitern sich die Blutgefäße und die Durchblutung wird erhöht. Dadurch verbessert sich der Wärmeaustausch und der Körper kann abkühlen. Damit der Blutfluss im System gewährleistet ist und so die Durchblutung gut funktionieren kann, ist es besonders an heißen Tagen entscheidend, genügend zu trinken.

Hinzu kommt, dass sich die Durchblutung mit zunehmendem Alter verschlechtert. Das erschwert es dem Körper, auf Hitze zu reagieren und sich abzukühlen. Auch die Wundheilung in der Haut wird negativ beeinflusst, wenn die Durchblutung zurückgeht. Verletzte oder geschädigte Haut kann sich nur dann gut regenerieren, wenn sie adäquat versorgt, das heißt, ausreichend durchblutet wird.

Was den Blutkreislauf stört I: Blockierte Arterien

Eine Erkrankung, die sich maßgeblich auf die Durchblutung auswirkt, ist die Arteriosklerose. Hierbei verhärten und verengen Ablagerungen die Arterien. Können die Gefäße das Gewebe deswegen nur noch mangelhaft mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgen, löst die Arteriosklerose die periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) aus. Der Stoffwechsel von Zellen in betroffenem Gewebe leidet massiv, in der Folge kann das Gewebe sogar absterben. Die pAVK gehört daher zu den häufigsten Ursachen für chronische Wunden. Das Risiko für diese Erkrankung nimmt mit dem Alter zu. Auch Raucher:innen und Personen mit Diabetes mellitus, Bluthochdruck oder einem zu hohen Cholesterinspiegel sind besonders gefährdet, dass sich bei ihnen arteriosklerotische Ablagerungen bilden und zur pAVK entwickeln.

a. Mit höherem Alter wird es für den Körper schwieriger, sich an Hitze anzupassen.

Durchblutungsproblemen entgegenwirken I: Gesunder Lebensstil, funktionsfähige Arterien

Wer all dem vorbeugen möchte, sollte auf genügend körperliche Aktivität und eine fett- und cholesterinarme Ernährung achten sowie auf Zigaretten und Alkohol verzichten. Je nachdem, wie stark die Arterien bereits geschädigt sind und es für die Betroffenen möglich ist, setzt auch die therapeutische Behandlung von Arteriosklerose bzw. pAVK auf Bewegung. Gehtraining und Gymnastikübungen ergänzen medikamentöse Maßnahmen wesentlich. Sie wirken positiv auf das Herz-Kreislauf-System, verbessern bzw. erhalten die Mobilität und steigern damit die Lebensqualität. Bei Hitze sollte das regelmäßige Bewegungsprogramm in die Morgenstunden verlegt und besonders darauf geachtet werden, sich nicht zu überanstrengen und ausreichend zu trinken.

Was den Blutkreislauf stört II: Überforderte Venen

Wenn die Venen ihre Funktion nicht angemessen erfüllen können und auf Dauer überlastet werden, bleiben Flüssigkeit und Stoffwechselprodukte verstärkt im Gewebe zurück. Das beeinträchtigt die Durchblutung und kann vor allem in den unteren Extremitäten zu Schwellungen und Ödemen führen. Verändert sich daraufhin die Haut und entzündet sich, können nässende und juckende Ekzeme entstehen. Sie wiederum können sich zu Geschwüren entwickeln, aus denen möglicherweise chronische Wunden werden.

Was aber bewirkt, dass die Kapazitäten der Venen überstrapaziert werden? Ein zentraler Grund dafür sind Venenklappen, die nicht vollständig schließen. Diese Ausstülpungen in den Gefäßwänden verhalten sich wie Ventile und hindern das Blut daran, in die Vene zurückzufließen. So unterstützen sie das Gefäßsystem dabei, das Blut in Richtung Herz abzutransportieren. Anders als die Arterien, in denen der Blutstrom durch das Pumpen des Herzens vorangetrieben wird, müssen die Venen ihre Aufgabe ohne derartigen Impulsgeber erfüllen bzw. sind darauf angewiesen, dass die Muskelpumpe adäquat arbeitet. Diese wird durch die Bewegung der Beine und Füße aktiviert. Ist nun der Ventileffekt der Venenklappen eingeschränkt, weil sie nicht entsprechend schließen, erhöht sich der Druck in den Gefäßen und die Venenwände dehnen sich auf Dauer aus. Daraus kann eine Varikose folgen, ein Krampfaderleiden. Die Varikose ist innerhalb der Bevölkerung weit verbreitet. Das Risiko für Krampfadern ergibt sich einerseits aus einer erblichen Veranlagung, andererseits steigt es mit dem Alter an. Frauen sind eher von einer Varikose betroffen sowie übergewichtige Personen und Menschen, die sich zu wenig bewegen.

Eine Varikose und mit ihr der erhöhte Druck in den Venen kann eine chronische venöse Insuffizienz (CVI) auslösen. Gleichzeitig verstärkt die Erkrankung dieses Überlastungsphänomen. Auch eine Herzinsuffizienz kann dazu führen, dass sich eine chronische venöse Insuffizienz entwickelt. Die CVI ist neben der pAVK eine der häufigsten Ursachen für chronische Wunden.

Durchblutungsproblemen entgegenwirken II: Trainierte Muskelpumpe, erleichterte Venen

Wie auch bei der pAVK spielt regelmäßige Bewegung eine zentrale Rolle, um die Venenfunktion zu unterstützen und die Venen gesund und leistungsfähig zu erhalten. Eine aktive Muskelpumpe und damit eine gut trainierte Fuß- und Beinmuskulatur entlastet die Gefäße, vor allem wenn sie aufgrund unterschiedlicher Faktoren (z.B. Alter, genetische Disposition) geschwächt sind. Wichtig ist auch, auf das Gewicht zu achten und im Alltag Schuhe zu verwenden, die flach und bequem sind.

Wenn sich bei hohen Umgebungstemperaturen die Blutgefäße erweitern und die Durchblutung gesteigert wird, um den Körper abzukühlen, fordert das das Gefäßsystem und damit die Venen zusätzlich heraus. Menschen mit einer Varikose sollten daher Hitze und direkte Sonneneinstrahlung möglichst meiden. In der Behandlung von Krampfadern wird häufig auf eine Kompressionstherapie gesetzt. Der Druck, der von außen auf die Gliedmaße wirkt, fördert den Blutfluss in den Venen in Richtung Herz. An heißen Tagen kann das Tragen von Kompressionsstrümpfen als besonders unangenehm empfunden werden. Dennoch sollten sich Betroffene bemühen, diese therapeutische Maßnahme konsequent umzusetzen, denn nur so kann die Kompression effektiv wirken.

Weitere Schritte: Dritter Beitrag in unserer Reihe zu Lymphsystem, Ödemen und Geschwüren sowieder Bedeutung der Kompressionstherapie

Bei Hitze ist nicht nur der Blutkreislauf besonders gefordert, sondern, parallel dazu, auch das Lymphsystem. In den Lymphgefäßen werden abgestorbene Zellen, Bakterien oder Stoffwechselendprodukte abgeleitet. Steigt der Druck in diesen Gefäßen, kann sich verstärkt Flüssigkeit im Gewebe ansammeln und Ödeme bilden sich aus. Darunter können Haut und Gewebe auf Dauer leiden und chronische Wunden können folgen. Welche Faktoren für die Entwicklung von Ödemen und Geschwüren besonders relevant sind und was dazu beitragen kann, dass eine Behandlung mittels Kompression erfolgreich ist – darauf werden wir im dritten Teil dieser Blogreihe eingehen.

(Text: Edeltraud Günthör & Conny Schneider, 04.07.2023)

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a. Bei Hitze sollte das regelmäßige Bewegungsprogramm in die Morgenstunden verlegt und besonders darauf geachtet werden, sich nicht zu überanstrengen und ausreichend zu trinken.