Wie das Unsichtbare in einer Wunde zum Vorschein kommt
Die Forscher:innen unsere biomedizinischen Forschungsgruppe entdeckten ein neues Werkzeug, mit dem unsichtbare Wundheilungsprozesse in verwundeter Haut zum Vorschein kommen. In Gewebeschnitten von Wunden offenbarte sich die p-rpS6-Zone: ein Hautbereich, in dem genau die Zellen liegen, welche tatsächlich aktiv am Heilungsprozess beteiligt sind.
Die p-rpS6-Zone ist eine wichtige Entdeckung, die neue Aspekte der Wundheilung enthüllt und Türen zu potenziellen diagnostischen und therapeutischen Anwendungen öffnet. Die Ergebnisse des Forscherteams wurden in der Zeitschrift Developmental Cell veröffentlicht: The p-rpS6-zone delineates wounding responses and the healing process: Developmental Cell.
Bei der Wundheilung kommt es zunächst zu einer Schädigung, die Blutungen und Zelltod verursacht, darauf reagiert das Gewebe mit Blutgerinnungsaktivierung, und einer Verengung der Blutgefäße. Diese Abläufe lösen flüchtige Signale aus, welche die Heilung einleiten. Diese umfasst eine verstärkte Zellteilung, Neubildung von Blutgefäßen und die Einleitung der Zellalterung, der sogenannten zellulären Seneszenz. Während der zeitliche Ablauf dieser Schritte gut verstanden ist, ist über die räumliche Verteilung der Wundheilung im Gewebe wenig bekannt. Dieses neue Werkzeugt ermöglicht es die Verletzungssignale der Haut mit einer einfachen Färbung über die Dauer der Wundheilung sichtbar zu machen.
Woher stammt der Name? Das Protein rpS6 ist ein wichtiger Bestandteil des Ribosoms, der Maschine, die für die Produktion aller Proteine in einer Zelle verantwortlich ist. Das vorangestellte „p“ in „p-rpS6-Zone“ steht für Phosphorylierung, was eine Aktivierung des rpS6-Proteins bedeutet, das mit Zellwachstum in Verbindung steht. Die Forscher entdeckten, dass diese Veränderung auftritt, sobald die Haut verletzt wird, egal ob es sich dabei um eine Verbrennung, einen Schnitt oder einen einfachen Nadelstich handelt.
Was ist in dieser Zone alles zu sehen? Die p-rpS6-Zone umfasst alle vom Team untersuchten Hautzelltypen und die wichtigsten zellulären Heilungsabläufe. Die p-rpS6-Zone grenzt heilendes Gewebe von dem verletzten, absterbenden Gewebe sowie von dem nicht betroffenen gesunden Gewebe jenseits der Wunde ab. „Mithilfe der p-rpS5-zone können wir zum Beispiel genau messen, wie weit eine Verbrennungsverletzung in die tieferen Schichten der Haut eindringt,“ erklärt Mikolaj Ogrodnik. Die p-rpS6-Zone erscheint innerhalb von Minuten nach der Verletzung und bleibt während des gesamten Heilungsablaufes sichtbar, und wurde von den Forschern in Maus-, Schwein- und Menschenhaut gleichermaßen gefunden.
Die Ergebnisse aus der Ogrodnik-Gruppe haben gezeigt, wie die Wundheilungsabläufe räumlich um die Wunde herum verteilt sind. Der nächste Schritt besteht darin, die p-rpS6-Zone als klinisches Instrument für die medizinische Diagnose und die Bewertung des Heilungsprozesses zu entwickeln.
Quelle: Ring, N. A. R., Dworak, H., Bachmann, B., Schaedl, B., Valdivieso, K., Rozmaric, T., … & Ogrodnik, M. (2023). The p-rpS6-zone delineates wounding response and the healing process. Developmental Cell. https://doi.org/10.1016/j.devcel.2023.04.001
